Steuerreform 2018

In diesem Jahr sollen die Systeme der direkten Besteuerung, namentlich die Einkommenssteuer, grundlegend reformiert werden. Gleichzeitig werden institutionelle Reformen vertieft und die Steuerbehörden auf Provinzebene zusammengelegt. Anstoß für die in dieser Hinsicht bedeutendsten Reformen der letzten beiden Jahrzehnte.

Hintergrund

Es ist ja bekanntlich schwierig genug, sich in China einigermaßen erfolgreich am Markt zu behaupten. Wie berichtet kann bereits die Gründung eines Unternehmens mit zahllosen Unwägbarkeiten verbunden sein. So richtig die Freude verderben kann einem aber dann die Steuerlast: Die Weltbank beziffert sie – bei über 300 Steuerarten – mit insgesamt 67,3 Prozent. Sozialversicherungsbeiträge sind darin nicht enthalten. Aber nicht nur Unternehmen sind betroffen, bereits die Einkommenssteuer lässt wenig Freiräume.

Tatsächlich gezahlt wird indes nur ein Bruchteil, der Staat kann lediglich 30 Prozent des BIP für sich verbuchen und liegt damit sogar etwas unter dem weltweiten Durchschnitt. Die Situation ähnelt damit derjenigen bei manchen unserer südeuropäischer Nachbarn, man denke an Italien oder Griechenland: Die hohe Steuerlast stellt sich als kontraproduktiv für die Wirtschaft dar und führt auf allen Ebenen der Gesellschaft zu einer massenhaften Steuerhinterziehung. In China kommt dazu, dass die Steuerbehörden bisher wenig koordiniert vorgehen. Das alles soll sich demnächst ändern.

Einkommenssteuer

Die neuen Einkommenssteuerregeln sind für Oktober 2018 vorgesehen und sollen ab 2019 voll zur Geltung kommen. Der monatliche Steuerfreibetrag wird auf 5.000 RMB angehoben, was bei einem durchschnittlichen Jahreseinkommen von derzeit 26.000 RMB tatsächlich für weite Teile der Bevölkerung zu einer Einkommenssteuerfreiheit führt. Weiterhin werden die Steuerklassen derart verändert, dass niedrigere Einkommen geringer besteuert werden. Schließlich wird eine Reihe von abzugsfähigen Aufwendungen eingeführt, etwa für Erziehung, Wohnung und Gesundheit.

Ausländer sind von diesen Veränderungen gleichermaßen betroffen, denn die Regeln sollen künftig allgemeine Anwendung finden. Vormals abzugsfähige Aufwendungen wie etwa für Heimflüge werden somit gestrichen, was für die meisten wohl zu einer Erhöhung der Steuerlast führt. Außerdem wird die 183-Tages-Regel eingeführt, während zuvor nur bei einem das ganze Jahr dauernden Aufenthalt besteuert wurde. Aufgrund der vielfach bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) gilt diese Regel allerdings faktisch ohnehin schon.

Unternehmenssteuern

Auch im Unternehmensbereich sollen Steuern gesenkt und vereinfacht, insbesondere auch die zahllosen Gebühren und indirekten Steuern abgebaut werden. Daneben kommt die Einkommenssteuerreform natürlich auch Unternehmen zugute. Der Druck zuletzt stets steigender Lohnkosten verringert sich, da den Angestellten nun mehr vom Gehalt übrig bleibt. Daneben werden auch verschiedene steuerliche Anreize geschaffen, wie etwa für unternehmensbezogene Forschung und Entwicklung. Dabei war die letzte Unternehmenssteuerabsenkunkung erst 2013, als der Staat auf jährlich 3 Billionen RMB verzichtete.

Die jetzigen Änderungen sind lange geplant, erscheinen aber angesichts der aktuellen Steuersenkungen in den USA als passende Reaktion. Denn es ist für chinesische produzierende Unternehmen bereits seit längerem in den meisten US-Bundestaaten günstiger als zuhause. In den benachbarten ASEAN-Staaten mit zugehörigen Freihandelsabkommen sowieso. Als nächstes mag eine Umsatzsteuerreform anstehen, denn mit 17 Prozent auf produzierendes Gewerbe liegt China ebenfalls über dem Durchschnitt seiner Nachbarländer. Alles Größenordnungen übrigens, die dem Gesetzgeber hierzulande eigentlich auch zu denken geben könnten.

Institutionelle Reform

Dem chinesischen Staat entgehen durch die diesjährigen Reformen jährlich Steuerforderungen in Milliardenhöhe. Andererseits ist das Labyrinth der unterschiedlichen lokalen und nationalen Steuern mitunter selbst für die jeweils zuständigen Behörden dermaßen undurchschaubar, dass es an der einen Stelle kaum auffällt, wenn an der anderen Stelle etwas hinterzogen wird. Darüber hinaus wird vieles bar und unter der Hand abgewickelt. Das betrifft nicht nur Rechnungen, auch bei Löhnen und anderen Abgaben wird geradezu professionell getrickst. Auch die notorischen Quittungen (发票) werden seit Jahrzehnten auf florierenden Schwarzmärkten gehandelt.

Insofern wird bereits seit 2015 an einer umfassenden Reformierung hin zu einer modernen Fiskalverwaltung gearbeitet. Diesjähriger Baustein – bereits als Meilenstein bezeichnet – ist die Zusammenlegung der Steuerbehörden auf Provinzebene und darunter zu einer zentralen Steuerverwaltung. Im Zusammenhang mit der Einkommenssteuerreform werden den Behörden außerdem mehr Möglichkeiten beim Zugriff auf Auslandseinkommen und bei der Überprüfung von als Geschäftsausgaben deklarierten Zahlungen gegeben.

Einschätzung

Die Steuerreform ist überfällig und kommt zur rechten Zeit. Aufgrund der überproportional gestiegenen Lebenshaltungskosten mag man über Details streiten, wie etwa die Höhe der Steuerklassen und der Freibeträge. Oder ob die neuerdings abzugsfähigen Ausgaben den Richtigen zugute kommen. Aber die Grundgedanken sind richtig, sie sind auch wichtig, um eine moderne Wirtschaftsstruktur zu etablieren und das Land zukunftsfähig zu machen.